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Präventionsfachtagung 2012

Montag 19.11.2012   

8:30         Anmeldung

9:00        Begrüßung und

                Präsentation einer Präventionspyramide

Prävention ist bekanntlich kein Patentrezept, sondern eine Haltung, die sowohl Kinder/Jugendliche, als auch deren Bezugspersonen und gesellschaftliche Strukturen in den Blick nimmt. Die 10. Fachtagung des Wiener Netzwerks möchte diesen Begriff der präventiven Haltung konkret Baustein für Baustein befüllen, sodass deutlich wird, auf wie vielfältige Weisen Pädagog_innen und Erwachsene generell gegen sexualisierte Gewalt handeln können und an welchen mannigfaltigen Situationen im Alltag ihre Reaktion und ihr Eingreifen gefordert ist. Dabei stellt die Arbeit an gesellschaftlichen Strukturen, die sexuelle und andere Gewalt begünstigen, den größten Teil und Sockel der Pyramide dar, ist also der umfangreichste Teil dessen, wo Prävention ansetzen und wirken sollte.
Referent_innen des Tages umreißen kurz die inhaltlichen Bausteine der Pyramide

9:45 - 10:45    Parallelvorträge und Diskussion

A) Prävention von sexueller Gewalt gegen Mädchen und Jungen in  Institutionen – Ausgewählte Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt des Deutschen Jugendinstituts
Mit dem Projekt wurden erstmals für Deutschland repräsentative Zahlen zur Häufigkeit vorgelegt, mit der sich Schulen, Internate und Heime mit Verdachtsfällen auf sexuellen Missbrauch auseinandersetzen müssen. Schwerpunkt der Studie waren  Angaben und Einschätzungen von Leitungspersonen zu Verdachts-fällen und aktuellen Präventionsbemühungen. In Fokusgruppen mit Teilnehmenden aus verschiedenen institutionellen Bereichen wurden die quantitativen Ergebnisse ergänzt durch Hinweise auf Herausforde-rungen und Stolpersteine für Prävention und Inter-vention in Organisationen. Des Weiteren werden Ergebnisse aus internationalen Forschungsstudien zur Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen vorgestellt.
Elisabeth Helming, Deutsches Jugendinstitut e.V., München, Projekt IzKK –Informationszentrum Kindesvernachlässigung/Kindesmissbrauch  

B) Die Perspektive der Mehrsprachigkeit auf kritisches Diversity und Prävention von sexueller und struktureller Gewalt
Es gibt immer einen Grund, warum Menschen sich entscheiden, in verschiedenen Situationen die eine oder die andere Sprache zu sprechen. Das ist immer auch eng mit sprachpolitischen und diskriminierenden Strukturen einer Gesellschaft verbunden. Schon kleine Kinder erleben, wie wenig Wert der Sprache ihrer Eltern     beigemessen wird. Aus der Perspektive der Mehrsprachigkeit wird anhand von Beispielen auf Möglichkeiten und Grenzen des kritischen Diversity im Kontext von Bildungsprozessen eingegangen. Es geht im Sinne der Prävention um das Einnehmen von Perspektiven und Haltungen, die keine starren und unveränderlichen Identitäten von Gruppen, Kollektiven oder Einzelpersonen schaffen.
Vlatka Frketić, Verein Diskursiv, Wien und Berlin

10:45 - 11:00    kurze Pause / Raumwechsel

11:00 - 12:00    Parallelvorträge und Diskussion

A) Kindsein ist kein Kinderspiel
Sensibilisierung für das Thema Adultismus als Grundlage für die Prävention von sexueller Gewalt 
Adultismus beschreibt das Machtungleichgewicht zwischen Kindern und Erwachsenen und setzt sich mit „erwachsenen Vorstellungen“ von „Kind-sein" ausein-ander. In der Präsentation wird die Struktur von Adultismus aufgezeigt und mit Stimmen von Kindern untermauert. Der Vortrag liefert wichtige und grund-legende Denkanstöße zum Thema Gewaltprävention.
ManuEla Ritz, freiberufliche Trainerin gegen Rassismus und Adultismus und für Empowerment, und Autorin, Berlin
       
B) Aktuelle Vorstellungen und Bilder von jugendlicher Sexualität und die Normalisierung von sexueller Gewalt an Mädchen
Ein Blick in jugendliche Alltagswelten und das Hilfssystem zeigt, dass nicht nur bei Betroffenen Sexualitätsmythen eine wichtige Rolle für die Wahrnehmung und Einordnung von Übergriffen spielen – auch im Hilfssystem schlagen sich Mythen und Vorurteile nieder. Ausgehend von neueren Untersuchungen werden Probleme im Hilfssystem aufgezeigt und Anknüpfungspunkte für die Prävention und Intervention gegeben.
Stefanie Vasold, Verein Selbstlaut, Wien

12:00 - 13:30    Mittagspause

13:30 - 15:30    Parallelaktionen/Vorträge

A) Großgruppe Netzwerk: Vernetzte Intervention bei einem Verdacht auf sexuelle Gewalt
In einer psychodramatischen Großgruppenarbeit werden alle TeilnehmerInnen eingeladen, sich anhand einer Fallgeschichte auf die Effektivität und Schwierigkeiten einer Vernetzung einzulassen. Die professionelle und emotionale Arbeit aller Beteiligten soll nachvollziehbar und erlebbar werden.
Jonni Brem, Leiter der Männerberatung Wien

        anschließend

Wiener Netzwerk: Kurzer Input zur Geschichte, Sinnhaftigkeit und Zukunft und Vorstellung der neuen Ombudsstelle für fremduntergebrachte Minderjährige
Peter Wanke, Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien und Verein Limes
Peter Sarto, Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche; Qualitätssicherung für fremduntergebrachte Minderjährige
  
B) Achtung Ampel! und Ganz schön intim! Präventionsstationen gegen sexuelle Gewalt: geführte Tour durch Installationen und Spielstationen
So wenig es ein Allgemeinrezept für die Prävention von sexualisierter Gewalt gibt, so viele, viele Möglichkeiten gibt es, gewaltpräventive Inhalte zu vermitteln. Anhand verschiedener Präventionsstationen werden
Materialien, Methoden und Inhalte vorgestellt und können selbst ausprobiert werden.
Mitarbeiterinnen des Vereins Selbstlaut, Wien

15:30 - 16:00    Pause

16:00 - 16:45    Parallelpräsentation/Vortrag und Diskussion

A) "Nicht schon wieder…nicht mit Ihnen…" Sexualerziehung auf dem Prüfstand: Jugendliche über Gelungenes und Peinliches
In einem im Oktober 2012 von der Bundesjugend-vertretung und Selbstlaut veranstalteten Workshop haben Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, ausgehend von Erfahrungen, Erinnerungen, Gelungenem und Peinlichem, über (die eigene) Sexualerziehung reflektiert und Perspektiven, Wünsche und Forderungen erarbeitet, die sie präsentieren und zur Diskussion stellen.
Leitung: Katarzyna Eljasik, Referentin für Frauen- und Genderthemen der Bundesjugendvertretung

        anschließend

"DAS machen?" Projektwoche Sexualerziehung in der Klasse 4c, Bilderbuch                              
"Wieviele verschiedene Lieben gibt es und wieso gibt es welche mit und welche ohne Sexualität? Wie können Erwachsene Liebe machen aber ohne Liebe? Ist Sex ein Gefühl oder etwas anderes?"  Die Autorin gibt Einblicke in die Entstehungsgeschichte, erläutert die künstle-rischen Entscheidungen im Bilderbuch und stellt Quer-verbindungen her zu schulischerSexualerziehung, Forderungen von Jugendlichen, den Präventions-stationen und der Tagungspyramide. Lesung mit projizierten Bildern, Eintauchen in die Begleitwebsite 'DAS machen?                                                        
Lilly Axster/Christine Aebi, de'A publishing, Wien2012    
                      
B)Dealing with sex education in a predominantly catholic society
Ponton beschäftigt sich mit Sexualerziehung und reproduktiver Gesundheit. Gemeinsame Ansatzpunkte dieser Arbeit in Polen und Österreich sind u.a. die Suche nach einer passenden Sprache, die Arbeit an den Bildern davon, wie Familien sein sollen, Vorstellungen von "Anständigkeit" und das Vermitteln von Sexualerziehung als wichtigem Bestandteil von Prävention und nicht als ideologischem Statement von "Kinderverderber_innen".
Paulina Wawrzyńczyk, Ponton, Group of volunteer peer educators affiliated with the Federation for Women and Family Planning, Warsaw  / Vortrag auf Englisch mit Übersetzung

16:45 - 17:00  Abschluss: Visualisierung des ersten Tages




Dienstag 20.11.2012

8:30         Anmeldung

9:00        Begrüßung und

               Weiterbau der Präventionspyramide
               Referent_innen des Tages umreißen kurz die
               inhaltlichen Bausteine

9:45 - 10:45    Parallelvorträge und Diskussion

A) Männlichkeit – Gewalt - Männerbund
Über die gesellschaftliche Produktion krisenhafter Männlichkeit
Wieso ist Männlichkeit so eng verwoben mit Gewalt? Um diese Frage zu beantworten, wird im Vortrag ein kritischer Blick auf Männerbünde geworfen. Ob am Schulhof, im Büro oder im Parlament: Männerbünde durchziehen die Gesellschaft und prägen dominante Männlichkeits-konstruktionen. Männerbünde sind der Ort, wo Buben lernen, was es heißt, ein „richtiger Mann“ zu sein und wo sich erwachsene Männer vergewissern, dass sie der Norm entsprechen. Sie sind der Ort, wo Weiblichkeitsabwehr und Homophobie tradiert und männliches Gewalthandeln institutiona-lisiert wird. Männerbünde zu überwinden, stellt darum eine wichtige Facette gewaltpräventiver Arbeit dar.
Paul Scheibelhofer, Sozialwissenschaftler, lehrt kritische Männlichkeitsforschung an mehreren Universitäten

B) Vortrag N.N. (Option für kurzfristig angesetztes Thema)

10:45 - 11:15    Pause

11:15 - 13:15    Workshops Teil 1

13:15 - 14:45    Mittagspause

14:45 - 16:45    Workshops Teil 2 (Fortsetzung)

16:45 - 17:00    "Umbau" der Pyramide, Visualisierung der Tagung

ab 17:00    20 Jahre Selbstlaut und Chill-Out in der Bar   



WORKSHOPS

Workshop 1
Kindsein ist kein Kinderspiel
Für Adultismus sensibilisiert. Und nun?
In dem Workshop wird aufbauend auf dem Wissen um das Thema Adultismus in Form von Rollenspielen ausprobiert, wie die Prävention von sexueller Gewalt gegenüber Kindern im Alltag ausschauen könnte und sollte. Der Workshop eignet sich besonders für Menschen, die in ihrem Zusammenleben mit Kindern schon vor der Herausforderung standen, (sexuelle) Gewalt zu thematisieren bzw. abzuwenden.
ManuEla Ritz, freiberufliche Trainerin gegen Rassismus und Adultismus und für Empowerment und Autorin, Berlin

Workshop 2
mann. frau. oder doch ganz anders?!
Geschlechter und Geschlechterrollen abseits der Dichotomie Mann und Frau
In unserer Gesellschaft gibt es zwei Geschlechter: Mann und Frau. Ist dem wirklich so? Intersexualität und Transidentität zeigen, dass es weit mehr als die in der Gesellschaft vorherrschenden Geschlechter mit dazugehörigen Geschlechterrollen gibt. Gerade in der Pädagogik ist es wichtig, die Bandbreite der Möglichkeiten zu erweitern, damit sich Kinder und Jugendliche positiv entwickeln können. Dieser Workshops richtet sich an alle, die über den Tellerrand der „gängigen“ Geschlechter und Geschlechterrollen blicken möchten.
Elisabeth Cinatl, Geschäftsleiterin des Vereins wendepunkt – Frauen für Frauen und Kinder, jahrelang Beraterin und Koordinatorin der PartnerInnen-, Familien- und Sexualberatungsstelle COURAGE, Wien

Workshop 3
Prävention von sexueller Gewalt in Institutionen
Kinder und Jugendliche erleben sexuelle Gewalt zum größten Teil durch Menschen aus ihrem Umfeld, leider auch durch pädagogische Fachkräfte. Einrichtungen können viel zum Schutz von Mädchen und Jungen beitragen. Aufbauend auf Grundlagenwissen zu sexuellem Missbrauch, Täter/innen und Täter/innenstrategien, erarbeiten wir mögliche präventive Maßnahmen der Einrichtungen (strukturelle Prävention). Die Ausrichtung eines pädagogischen Konzepts wird dabei ein wesentlicher Baustein sein. Für Leiter/innen und Mitarbeiter/innen von Einrichtungen, die mit Kindern/Jugendlichen im vor- und/oder außerschulischen Kontext arbeiten.
Sibylle Härtl, Amyna - Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch, München

Workshop 4
Vorleben statt Vorgeben
Der Workshop richtet sich an Erwachsene, die mit Kindern/Jugendlichen mit und ohne Behinderung zusammenarbeiten oder leben, und die ihren (Arbeits)Alltag im Kontext des Tagungsthemas hinterfragen wollen. Wir alle waren einmal Kinder und Jugendliche. Davon ausgehend betrachten wir konkrete berufliche Situationen und die Auffassung der Workshopteilnehmer_innen - oder der Institution, in welcher sie tätig sind - von Begriffen wie Behinderung, Persönliche Assistenz, Selbstbestimmung, Sexualität von Jugendlichen/Erwachsenen mit Behinderung und schließlich die Möglichkeiten der Gewaltprävention. Die Auseinandersetzung erfolgt über Einzel- und Gruppenübungen, die auch im Arbeitsalltag Anwendung finden können.
Elisabeth Löffler, Leiterin von „Zeitlupe" Wien - Peerberatung für Frauen mit Behinderung,  Performerin

Workshop 5
Sexualerziehung und Prävention von sexuellem Missbrauch – (k)ein Thema für Eltern mit Migrationshintergund?
Sexualerziehung ist ein wesentlicher Bereich der Prävention. Dazu sollten Eltern für Ihre Kinder ansprechbar sein. Es ist allerdings für viele Eltern schwierig, über ihre eigenen Schamgrenzen hinauszugehen und mit ihren Kindern über intime Themen wie Sexualität zu reden. Respektverlust oder die Angst davor, dass Kinder sich an Wertvorstellungen orientieren, die nicht die eigenen sind, können weitere Gründe sein. Im Workshop geht es um den Umgang mit solchen Unsicherheiten, um Projektionen von PädagogInnen auf Eltern und deren vermeintliche Haltung zu Sexualität.
Parvaneh Djafarzadeh, AMYNA – Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch, München

Workshop 6
Männlichkeitskritik und Gewaltprävention
Zugänge, Methoden und Widersprüche im pädagogischen Umgang mit Männlichkeiten
Aufbauend auf dem Vortrag über Männlichkeit und Gewalt wird im Workshop diskutiert, welche Perspektiven sich daraus für die pädagogische Arbeit mit Buben* eröffnen. Dabei zeigt sich, dass pädagogische Ansätze, die auf die Vermittlung einer „stabilen männlichen Identität“ ausgerichtet sind, durchaus problematisch sind. Vor diesem Hintergrund loten wir gemeinsam aus, wie eine emanzipatorische gewaltpräventive Arbeit mit Buben* aussehen kann. Vielfältige Hierarchisierungen, Homophobie und die Abwertung von Weiblichkeit sind dabei ebenso zentrale Themen, wie die kritische Auseinandersetzung mit den Geschlechterbildern, die in Institutionen wie der Schule transportiert und reproduziert werden.
Manfred Merčnik, White Ribbon Österreich - Verein von Männern zur Prävention männlicher Gewalt und Paul Scheibelhofer, lehrt kritische Männlichkeitsforschung an mehreren Universitäten

Workshop 7
„Let's talk about consensual sex“
Welche geschlechtsspezifischen 'Spielregeln' beeinflussen Jugendliche in ihren ’intimen Beziehungen’ und wie können diese zu nicht-einvernehmlicher und gewalttätiger Sexualität führen? Von dieser Form der sexualisierten Gewalt, auch 'date rape' genannt, sind insbesondere junge Frauen zwischen 14 und 24 Jahren betroffen. Wie kann durch das Konzept von sexueller Zustimmung die Kommunikation über Sexualität zwischen Jugendlichen verändert werden? Es wird einen Input in die Thematik geben, sowie praxisbezogene Auseinandersetzungen mit neuen sexualpädagogischen Präventionskonzepten.      
Rosa Brudereck, Jugendzentren Berlin

Workshop 8
N.N. (spontane Vertiefung oder sich neu ergebender Workshop)
 
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Sprachformen
Im Programm variieren die geschlechterbezogenen Sprachformen, je nachdem, wie  von den  Referent_innen und Workshopleiter_innen gewählt. Damit soll die Vielfältigkeit sichtbar und auch die Tatsache deutlich werden, dass die Begriffe und grammatikalischen Formen einem ständigen Wandel unterliegen und das Ringen um die passende gendersensible Sprache immer auch Teil einer präventiven Haltung ist, ohne, dass es DIE richtige Antwort gibt.

Barrierefreiheit
Die Tagungsräume sind barrierefrei zugänglich.   

Kinderbetreuung
Während der gesamten Veranstaltung steht Ihnen eine kostenlose Kinderbetreuung zur Verfügung. Bitte um Angabe des Alters des Kinder/der Kinder bei der Anmeldung.

Büchertisch: Buchhandlung chicklit, 1010 Wien, Kleeblattgasse 5, www.chicklit.at

Anmeldungsinfos / Förderstellen / Adresse / ...

Tagungshotel Europahaus, Linzerstraße 429, 1140 Wien

Weitere Informationen zur Anmeldung, zum Tagungspreis, telefonische Erreichbarkeit und anderes folgen.

Fachtagungsorganisation: Christine Bodendorfer, mail: wienernetzwerk@inode.at
veröffentlicht von Selbstlaut am 12 Jun 2012

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